Liebe Schulgemeinde, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Eltern,

wie schon in den vergangenen zwei Jahren, komme ich auch in diesem Jahr in Briefform zu euch und Ihnen und grüße euch und Sie ganz herzlich mit diesem Weihnachtsbrief.

„Nächstes Jahr ist alles anders!“ Das war der Hoffnungssatz des letzten Jahres. Corona sollte vorbei sein und alles wieder so, wie wir es gewohnt sind. Keiner von uns hätte gedacht, dass dieser Satz so ganz anders Wirklichkeit werden sollte. Denn mit „anders“ hatten wir eigentlich „besser“ oder zumindest „wieder so wie früher“ gemeint. Stattdessen ist im jetzt vergehenden Jahr vieles anders geworden, von dem wir nicht im Mindesten geahnt hätten, dass uns das in unserer Lebenszeit treffen könnte.

Von Krieg und Gewalt hatten wir schon früher gehört, aber nun ist der Krieg viel näher an uns herangerückt. Die Konsequenzen des Krieges, Teuerung und das Gefühl der Unsicherheit, sind für die Meisten von uns zum ersten Mal so richtig nah gekommen. Wieder fliehen Menschen zu uns, die aufgrund von Gewalt und Zerstörung nicht mehr zu Hause sein können. Und dazu kommt, dass wir Corona und all seine Auswirkungen und Folgen noch gar nicht wirklich hinter uns gelassen haben.

Wie geht es denn dann, in dieser Zeit Weihnachten zu feiern? Wie feiern wir das Fest der Liebe, das Hochfest von Nähe, Familie und auch von Konsum, wenn um uns herum Menschen Schwierigkeiten haben, überhaupt die Wohnung warm zu haben?

Wir feiern trotzig trotzdem! Nicht ignorant, als gäbe es all das nicht, sondern so wie Weihnachten schon am Anfang war: Freudig und dankbar, auch in den widrigsten Umständen. Denn im Grunde gehören unsere Ängste und unsere Schwierigkeiten schon immer in die Weihnachtsgeschichte. Jesus wird in einem Stall geboren, unter widrigsten Umständen. Auch in Israel wird es nachts kalt, wenn man keine feste Wohnung hat und keine funktionierende Heizung. Und im Matthäusevangelium können wir davon lesen, dass Flucht vor Gewalt und Tod auch Teil der Weihnachtsgeschichte ist. Dort heißt es, dass König Herodes aus Angst vor seinem Volk die Jungen unter zwei Jahren angreifen und töten lässt. Maria und Josef bekommen davon Wind und fliehen mit ihrem kleinen Sohn ins benachbarte Ägypten. Wie lange sie bleiben müssen, wovon sie leben werden, diese Fragen waren nachrangig. Das Leben retten und dann weiter, war die Devise.

Diese kleine Familie wird bewahrt. Die Drei bekommen Hilfe. Noch im Stall kommen die, die mehr haben als sie, und versorgen sie mit dem Nötigen. Und in Ägypten werden sie auch so aufgenommen, dass sie die Zeit dort gut überstanden haben, bis sie, in eine wieder sichere Heimat, zurückkehren konnten. Ich lese oder höre diese Geschichten von der Geburt Jesu und die Geschichte seiner Familie und ich stelle mir immer wieder vor, ich wäre dabei gewesen. Mal als Maria, mal als Hirte, mal als einer der drei heiligen Könige.

Und bei jeder dieser Figuren kommt in meiner Vorstellung ein Satzanfang vor: „Gott sei Dank…“!

„Gott sei Dank, dass da Menschen waren, die uns nicht weggeschickt haben.“ (Maria) „Gott sei Dank, dass ich Menschen habe, mit denen ich feiern darf.“ (Hirte) „Gott sei Dank, dass ich in meine geheizte Wohnung zurückkehren kann.“ (Könige)

Wir feiern trotzig trotzdem! Trotzig all dem gegenüber, das uns Angst macht. In Erinnerung an all die Male, in denen Gott uns geführt und gehalten hat. In Erinnerung an all die Geschichten Jesu und vielleicht auch unsere eigenen Geschichten von Hilfe, die erfahren wurde. Wir feiern, dass wir feiern können in unserem immer noch reichen und sicheren Land. Ich wünsche euch und Ihnen ein Weihnachtsfest der Dankbarkeit für all das Gute, das wir trotz allem haben, und einen hoffnungsvollen Blick ins neue Jahr. Es wird wohl auch im nächsten Jahr nicht alles anders. Aber wie Dietrich Bonhoeffer will ich und vielleicht auch ihr und Sie trotzig auf Gott hoffen und singen: Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag. 

Ihre/eure Schulpfarrerin Daniela Tibbe